auch noch in diesem schönen herbstlichen Monat bin ich writer-in-residence an der University of Wisconsin-Madison. Ich gebe einen Kurs über Literatur aus Berlin und beteilige mich projektbezogenen an universitären Events. Manchmal kann ich mir ein Lächeln nicht verkneifen, wie letzte Woche, als eine Studentin sehr engagiert und zornig über die Reichstagsverbrennung sprach. Nicht zu vergessen die entartigen Bücher.
Neulich hatte ich die Gelegenheit, an einer hier in Madison stattfindenden großen Konferenz (52. Wisconsin Workshop in Honor of Marc Silberman) teilzunehmen und eine Lesung zu halten. Ich sprach ferner über den Kalten Krieg und die Sonderrolle West-Berlins, u.A. mit Naika Fourutan. Wieder einmal war ich erstaunt wie viele Spezialist*innen für DDR-Literatur und -Filme es in den USA gibt. Eine Freundin von mir, die in Amherst / Massachusetts die DEFA-Film-Library leitet, trat auch auf der Konferenz auf.
Aber nicht nur die DDR ist hier von Interesse: Gestern habe ich einen Vortrag über die Situation geflüchteter ukrainischer Schriftsteller*innen in Deutschland gehalten. In Madison sehe ich immer mal wieder blau-gelbe Flaggen. Ich bin nun nicht so der „Flaggenmensch“, aber es bewegt mich schon, dass man Tausende Meilen und einen Ozean entfernt hier im Mittleren Westen, zumindest in einer Universitätsstadt, Anteil am Geschehen im östlichen Europa nimmt. Ist man in the countryside sieht man keine blau-gelben Flaggen mehr, stattdessen lawn signs, die für die Republikaner werben; ich entdeckte auch schon ein großes „Trump 2024!“ Im Garten direkt daneben steht ein blaues Schild für die Demokraten. Wie sich diese Nachbarn wohl verstehen?
Jenseits der Politik: Von Madison aus regele ich im Moment auch alle Dinge, „Preussisch süß – Berliner Stadtteilschokolade“ betreffend – dank Internet klappt das, aber neue Rezepturen kann ich gerade nicht mit der Manufaktur erproben. Dabei frage ich mich fortgesetzt, wie könnten Lichterfelde und Hohenschönhausen jeweils schmecken? Immerhin: Das hält mich nicht davon ab, die Vielfalt amerikanischer Candys weiter zu erforschen. In Wisconsin gibt es einige Traditionskonfiserien, die von Emigrant*innen aus Dänemark, Deutschland, der Schweiz und aus Polen gegründet wurden und „landestypische“ Süßwaren feilbieten, meist in an hiesige Erwartungen „angepassten“ Portionen. Also Large und Jumbo.
Ende des Monats geht es nach Atlanta. Dort werde ich weitere Vorträge und Lesungen halten.
Viele Grüße aus dem „Second Summer“ (so wird der Indian Summer nun hier genannt) in Wisconsin,
Tanja
Veröffentlichungen – Termine / Rückblick – Veranstaltungen
Interview: Fünf Fragen von Walter Pobaschnig an mich. (Schriftsteller, Journalist, Wien)
Literatur outdoors – Worte sind Wege
29. September – 1. Oktober, Madison / Wisconsin, Pyle Center
“Dis/Continuities: German Studies and Beyond”:
The 52nd Wisconsin Workshop, University of WI–Madison
A Conference in Honor of Marc Silberman
Organizers: Sonja E. Klocke and Sabine Gross
Co-hosted by the German Program, Department of German, Nordic, Slavic and the Center for German and European Studies
Lesung und Gespräch mit Tanja Dückers am 1. Oktober im Rahmen der Konferenz
14. Oktober, University of Wisconsin-Madison, 4 p.m.
206 Ingraham Hall – on invitation of Prof. Dr. Sonja Klocke / Department of German, Nordic and Slavic +, Center for Russia, East Europa and Central Asia
“Home away from Home: Ukrianian Writers in Exile in Germany”,
Lecture by Tanja Dückers, discussion with the audience
(English)
24. Oktober, Emory University, Atlanta, 4 – 5.30 p.m., Atwood 360,
Artistic Community, cultural exchange and the Ukraine war
Roundtable / Panel (English)
With Olena Newkryta and Anastasiya Yarovenko.
Moderation: Paul Buchholz
Associate Professor, Department of German Studies, Emory University
25. Oktober, Emory University, Modern Languages, Atlanta, 11.30 a.m / 1 p.m.
zwei Lesungen / Gespräche über neue Prosa, Thema: Verhältnis Mensch und Tier, Mensch und naturale Umgebung (Deutsch)
Lektüre-Empfehlungen
Natalka Snjadanko:
Die Schriftstellerin und Übersetzerin Natalka Snjadanko lebt seit ihrer Flucht in Marbach am Neckar. Hier hat sie einige sehr lesenswerte Essays und kurze Betrachtungen veröffentlicht.
Deutsches Literatur Archiv Marbach – der Blog:
Home
Ostap Slyvynsky:
Der Lyriker, Übersetzer und Literaturwissenschaftler Ostap Slyvynsky lebt nach wie vor in seiner Heimatstadt Lwiw. In seinem „Dictionary of War“ notiert er Gedanken und Berichte von Menschen aus der Ost-Ukraine, die er am Bahnhof von Lwiw oder bei der Erstversorgung gesprochen hat.
“Dictionary of War”
https://www.documentjournal.com/2022/06/a-war-vocabulary-aaron-hicklin-ukraine-lviv-kyiv-ostap-slyvynsky/ |