Jungle World, 1. Juni 2005
Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem Staat Israel und der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1965 war ein besonderes Ereignis. Das vierzigjährige Jubiläum veranlaßte nun das Israel Museum in Jerusalem und die Berliner Festspiele, eine Ausstellung zur Kunst und Geschichte Israels zu zeigen. Die leitende Kuratorin Doreet LeVitte Harten und der Co-Kurator Ygal Zalmona – beide Israelis – haben an die 700 Werke aus den Bereichen bildende Kunst, Architektur, Film/Video, Fotografie und Design für die Schau zusammengetragen. Der größte Teil der Objekte gehört dem Bereich der modernen und zeitgenössischen Kunst an. Das Konzept von LeVitte Harten, die in Berlin lebt, und Zalmona, der in Jerusalem ansässig ist, zielt dabei auf Kontextvermittlung. Kunstwerke und historische Dokumente wie die weltberühmte Tempelrolle, Fotos der Zionistischen Kongresse oder ein Video zum Eichmann-Prozeß werden in einen Bezug zueinander gestellt.
Die Ausstellung ist zweifellos ein Ereignis. Für Deutschland, für Israel, für die Besucher. In den 57 Jahren des Staates Israel hat es noch nie eine vergleichbare Ausstellung israelischer Kunst gegeben. Es gibt sehr viel zu entdecken auf dieser Reise nach und durch Jerusalem.
Im ersten Raum mit der Überschrift „Tränenkrug“ sind Zeugnisse der großen Pogrome in Rußland sowie sich auf diese Epoche inhaltlich beziehende Gemälde zu sehen. Wie ein lebendiger Geist, mit vor Angst geweiteten Augen, stürzt ein nackter Mann dem Betrachter in wilder Flucht entgegen. In einem düstern Wald voller Kreuze eilt er über Leichen. Es ist „der wandernde Jude“, Ahasver – mit diesem wandhohen Gemälde von Shmuel Hirszenberg aus dem Jahr 1899 beginnt die Ausstellung. Genau diesen „Tränenkrug“-Raum mit den Fotos der Pogromen und Bild von Hirszenberg zeigte ab 1912 das Bezalel-Museum in Jerusalem. Die auf dem 7. Zionistenkongreß (1905) beschlossene Gründung der Kunstgewerbeschule Bezalel in Jerusalem kann als Geburtsstunde der israelischen Kunst verstanden werden. Zu ihrem Berliner Trägerverein gehörten auch Größen wie Max Liebermann oder Albert Einstein. Die Bezalel ist bis heute die berühmteste Kunstakademie Israels, ihre Sammlung wurde zum Grundstock des 1956 eröffneten Israel-Museums.
Der so genannte Bezalel-Stil wird mit Jerusalem verbunden, hingegen Tel Aviv von internationaleren Stilen wie dem Bauhaus geprägt ist. Die Spannung zwischen diesen Polen hat die Architektur des Landes geprägt.
Die 14 weitere Ausstellungsstationen tragen Titel wie „Zionismus“, „Erstlingsfrüchte“, „Shoa“, „Konflikte“, „Immigration“ oder „Alternativen“; die Kunst wird also nicht ästhetischern, sondern soziopolitischen und historischen Kategorien untergeordnet.
Auf den ersten Blick kann sich der Eindruck einstellen, daß israelische Kunst im Sinne kunsthistorischer Innovationen bislang „nichts Neues anzubieten hätte – und vielleicht beansprucht sie dies nicht einmal“ (LeVitte Harten). Die leitende Kuratorin Doreet LeVitte Harten meint denn auch, daß „israelische Kunst weniger durch ihr Erscheinungsbild als durch eine gewisse Haltung charakterisiert“ sei. Diese Haltung rekurriert, mal manifest, mal latent, auf einen Subtext – den des mosaischen Bilderverbots. Die israelische Kunst entstammt einer alten skoptophobischen Kultur, die dem Sichtbaren mißtraut und dem Verborgenen huldigt – vielleicht ein wenig vergleichbar der platonischen Ideenlehre, der auch alles Sichtbare nur Schattenbild einer verborgenen Wahrheit ist. In den Zeiten der Diaspora wurde dieses Bilderverbot bis zum 19. Jahrhundert aus religiösen Gründen gepflegt; künstlerische Äußerungen bezogen sich lange Zeit vor allem auf das Wort.
Die Bedeutung von Sprache für die israelische Kultur, für das Selbstverständnis und Selbstbewußtsein der Israelis ist nicht hoch genug einzustufen: Denn Sprache gewinnt ihre Relevanz nicht nur aus ihre Dominanz gegenüber dem Bild, sondern auch aus der Bedeutung der jungen Landessprache, die neu erfunden werden mußte. Das Althebräische war eine Sprache, deren Zeichen und Laute aus der Antike stammen und die während 2000 Jahren Diaspora von den meisten Juden nur als Schriftsprache, in der Synagoge oder als eine Art lingua franca für den Handel und den Kontakt untereinander genutzt wurde – sprachen doch alle die Sprachen der jeweiligen Länder, in denen sie lebten. Nun strömten aber Immigranten aus aller Welt nach Israel: Aus der (Schrift-)Sprache Althebräisch mußte eine junge Landes- und Umgangssprache Neu-Hebräisch geschaffen werden.
Im heutigen Israel sind von den 7 Millionen Einwohnern ein knappes Drittel Einwanderer aus Rußland. Es gibt hier Menschen, deren Beruf darin besteht, Wörter für neue Alltagsgegenstände oder neue Erfahrungen zu erfinden. Ein Wort, das es im Hebräischen gibt und das man im Deutschen nicht kennt, ist das Wort für verwaiste Eltern: Schikulim. Nach der Shoa fand es massenhaft Anwendung.
Das Neuhebräisch ist im multikulturellen Einwanderungsland Israel, dessen jüdische Bewohner sich, allem politischen Einfluss der Orthodoxie zum Trotz, zu zwei Dritteln als säkulare Zeitgenossen verstehen, zum wahren Bindeglied geworden. Daher die „neuen Hebräer“ – im Land Israel, das viel älter und zugleich doch jünger ist, als es die hier beleuchteten gut 100 Jahre umfassen.
Dieses Neu-Hebräisch – Ivrit – wurde neben dem „Altneuland“ Israel (so der Titel von Theodor Herzls berühmtesten Werk des Zionismus zu Beginn des 20 Jahrhunderts) das verbindendste Element der Immigraten. Diese Transponierung der althebräischen Sprache ins moderne Ivrit ist für Künstler ein wichtiges Thema und wird z.B. von Michal Na’aman in einer elfteiligen Bild-Textur in abstrakter Manier in Szene gesetzt. Schriftzüge erscheinen überhaupt sehr häufig in der israelischen Kunst. Und in der Hinwendung zur Abstraktion war der israelische Künstler schon gleichsam zuhause , als der internationale Stil sie propagiert. Die Figuration – als mimetischer Akt – war ihm im Grunde viel fremder.
Natürlich arbeiten viele jüngere Künstler ausgesprochen visuell oder materialhaft, dennoch markiert das Mißtrauen des Judentums gegenüber allem, was sich als Materie aufführt, oft den Ausgangspunkt der künstlerischen Reisen eines jüdischen Künstlers. Das Kunstschaffen an sich wird zum rebellischen Akt, denn allein die bloße Tatsache, „bildende Kunst“ zu schaffen, ist schon ein Affront gegen die Essenz der eigenen Kultur. Und eine plakativ-ausbuchstabierte, in ihrem Innersten nach Außen gekehrte Kunst (Paradebeispiel: Warhol) wird immer als dezidiert westlich erlebt werden.
Doreet LeVitte Harten erwähnt jedoch auch, daß der Gedanke, das Bilderverbot beeinflusse eine säkular gewordene Welt, verschiedentlich entrüstet abgelehnt worden sei – sie findet dies jedoch nicht erstaunlich, denn: „Der jüdische Künstler findet sich in dem Paradox, einer Tradition widersprechen zu müssen, die er ausdrücken will“.
Doch auch die Ausstellungsmacher selber scheinen ein wenig dieser Tradition zu folgen und im Zweifelsfall eher dem Wort als dem Bild zu vertrauen. Viele, wenngleich sehr lesenswerte Texttafeln erwarten den Besucher.
In den Sektionen „Im Namen der Utopie – der neue Mensch“ und „Im Namen der Utopie – Architektur“ nehmen historische Dokumente des Staatsgründungsprozesses breiten Raum ein. Schon lange vor der Unabhängigkeitserklärung des Staates Israel im Jahre 1948 immigrierten Juden in das damalige Palästina. So unterschiedlich ihre Herkünfte und Motive auch waren, so teilten sie doch den gemeinsamen Wunsch, eine neue Gesellschaft – gestützt auf zionistische Ideale und europäische Nationalstaatsideen – aufzubauen. Hierzu sieht man im Gropius-Bau ebenso die frühen, deutschsprachigen Dokumente (so das originale Programm des 1. Zionistischen Kongresses in Basel 1897, handgeschrieben von Herzls Strategen, dem Schriftsteller und Psychiater Max Nordau: Plädoyer für „eine rechtlich gesicherte Heimstätte in Palästina“) wie – das kostbarste Exponat der Ausstellung – die erst 1956 in den Höhlen von Qumran am Toten Meer gefundene Tempelrolle. Das Schriftstück, einer der bedeutendsten archäologischen Funde des 20. Jahrhunderts, wird auf die 120 vor Christus datiert. Ein Jahr lang dauerte die Restauration der Tempelrolle – finanziert vom Auswärtigen Amt. Für das Selbstverständnis des modernen Israel ist der Fund enorm wichtig, denn die Tempelrolle stellt die Verbindung zwischen den biblischen Vorvätern und den modernen Israelis – den „neuen Hebräern“ – her. Diese Begriffsschöpfung entspricht einer neuen, auf das Land bezogenen Identität – im Unterschied zu den Juden, die ihre Identität aus der genealogischen Herkunft ableiten. Der „neue Hebräer“ verbindet Vergangenheit und Gegenwart, in einer Mischung aus säkularen und religiösen Motiven. Für den Direktor des Israel Museums in Jerusalem, James Snyder, ist die Tempelrolle von Qumran genauso ein Herzstück seines Museums wie die „Mona Lisa“ für das Louvre – was noch einmal den immensen Rang von Schrift und Sprache verdeutlicht.
Die Kunstwerke aus dieser Ära ordnen sich programmatisch eher der nationalen Identitätsfindung unter. Entsprechend dem Mythos vom „Neuen Menschen“, den die Pioniere der zionistschen Bewegung kreierten, feiert die erste jüdische Olympiade von 1932 den Neuen Juden, den Max Nordau einst als „Muskeljuden“ charakterisiert hatte. Man könnte diese Plakate glatt verwechseln mit den heldenhaften Arbeitern und Bauern der sowjetischen Propaganda.
Bilder der Landschaft wiederum thematisieren die Akkulturation an eine fremde Umgebung und propagieren eine engere Beziehung zum Boden. Der Mensch tritt als Bauer und Arbeiter mit Spaten, Spitzhacke in Erscheinung, um eine neue Gesellschaft aufzubauen. Buchstaben und Schrift blieben als traditionelles Mittel der Bildgestaltung erhalten.
Das Konzept „Arbeit“ stellt einen fast heiligen Wert in der Mythologie des Zionismus dar:
Landwirtschaft galt als ideologisches Mittel, die Neuen Hebräer mit ihrem Land zu verbinden, und die Vorstellung einer neuen Heimat stehen im Zentrum vieler Werke.
Zu den Höhepunkten der Ausstellung zählt der Architekturraum mit den beleuchteten Modellen von Siedlungsarchitektur wie dem Kibbuz, Siedlergemeinschaften oder den Gartenstädten. Auch wenn ihre Bedeutung zurückgegangen ist: Die Kibbuzze sind bis heute weltweit die größten kommunitären Einrichtungen mit Mitgliederzahlen von 100-1000 Menschen. Von den Entwürfen ist erstaunlich viel in Israel realisiert worden, etwa die kreisrunde Gartenstadt „Nahalal“, auf die sich auch Gal Weinstein mit einer bunten Teppichlandschaft bezieht.
Auch ist in Israel bis heute mehr Bauhausarchitektur realisiert worden als in Deutschland – 4000 Objekte! Doch in Tel Aviv werden diese Objekte jedoch nicht musealisiert, sondern einfach von normalen Bürgern als normale Wohnhäuser genutzt – dies zu wissen, hätte die sich der Funktionalität verpflichtet fühlenden Bauhausarchitekten bestimmt sehr gefreut.
Die Utopie einer Neuen Gesellschaft mußte sich an der Realität messen.
Die Zionisten hofften noch auf ein säkulares, friedliches Zusammenleben mit den arabischen Palästinensern. Die ersten Siedler glaubten, in den Beduinen und arabischen Siedlern ein Nachbild ihrer Vorfahren zu sehen, ihre Kleidung und ihr Lebensstil wurden begeistert kopiert. Die Kunstwerke der jüdischen Einwanderer reflektieren bis Ende der 20er Jahre den bunten Ornament-Stil ihrer Nachbarn, oft märchenhaft romantisierend, manchmal vermischt mit Elementen der osteuropäisch-jiddischen Tradition. Bei Reuven Rubin (1893-1974) verschmilzt im Stile der idealisierend-naiven Malerei das Bild des Arabers mit dem des biblischen Hebräers. Auf einigen Fotos posieren die Abgelichteten wie Beduinen oder Haremsfrauen. Sehr aufschlußreich ist auch ein Foto, das das Treffen von Faisal, dem Führer des arabischen Nationalismus, und Weizmann, dem wichtigen zionistischen Protagonisten, nach dem Ersten Weltkrieg belegt. Es kam damals zum sog. Faisal-Weizmann-Abkommen, das – heute kaum mehr vorstellbar – einen panarabischen Nationalstaat vor, in dem ein eigenständiger jüdischer Staat seinen Platz finden sollte. So nah war man sich damals.
Israels Kunst der Jahre nach der Staatsgründung (1948) scheint den europäischen Holocaust zunächst ausgeblendet zu haben. Die grauenvolle Erinnerung an die Menschen, die von den Nazis auf erniedrigendste Weise entrechtet, entwürdigt und ermordet wurden, ist ersetzt durch Bildnisse von Wesen voller Kraft und Zuversicht, die säen und ernten, bauen und schaffen. Erst spätere Arbeiten wie das Foto der still stehenden Autos am jährlichen „Tag der Erinnerung der Shoa“ von Yael Bartana (2001) oder die Video-Arbeit „El Male Rahamim (Gott voller Erbarmen)“ (2004) rekurrieren auf den Völkermord. Beeindruckend ist eine Installation mit Aufnahmen aus dem Jerusalemer Prozeß gegen Adolf Eichmann: Auf drei nebeneinander laufenden Filmen sieht man die Aussagen von Zeugen im Eichmann-Prozess (1961) neben den Reaktionen der Menschen im Gerichtssaal und auf den Straßen Israels. Der Betrachter steht hinter einem vor die Leinwand gebauten, begehbaren Glaskasten – wie Eichmann damals selber. Dieses Setting spielt dem Betrachter eine schwierige identifikatorische Rolle zu und involviert ihn.
Seitdem der Staat Israel existiert, gehört der Krieg zum Alltag. Daran erinnern Pappmaché-Skulpturen von Menschen ohne Haut, die aussehen wie aus dem Anatomiebuch. Ebenso bedrückend wirkt die Fotografie von jungen, weinenden Soldaten, die gefallene Kameraden bestatten. „Verlorene Jugend“ heißt die Arbeit.
Micha Ullman, im Gropius-Bau mit „Fence“ („Zaun“) vertreten, ist in Berlin schon bekannt für das Mahnmal zur Bücherverbrennung auf dem Bebel-Platz: die unterirdische, leere Bibliothek, die nur durch ein Fenster im Boden sichtbar ist.
In der neueren Kunst scheinen sich die Erfahrung der Shoa und der Kriegszustand in lakonischem Realismus, ironischem Kitsch und Zynismus widerzuspiegeln – wie auch schon vor gut einem Jahr die bemerkenswerte Ausstellung „Wonderyears“ im NGBK in Berlin deutlich machte. Betende an der Klagemauer oder auf dem Tempelberg sind als kleine animierte Plastikfiguren zu sehen, israelische Polit-Ikonen als Lachfiguren, Michal Shamirs „Mauerwunde“ (2004- 05) besteht aus Weingummi, und in Ohad Meromis pseudo-harmlosen Video „Mondkolonie“ (2003) werden Juden auch noch auf dem Mond verfolgt und umgebracht. Beim näheren Herantreten besteht ein Kronleuchter aus herabhängenden Maschinenpistolen, die den Einbruch von Gewalt in das tägliche Leben, das eigene Wohnzimmer, drastisch zum Ausdruck bringt – und gleichermaßen das Leid von Israelis wie von Palästinensern verdeutlichen kann.
Warum aber wird in dieser Ausstellung kein arabischer Künstler aus Israel präsentiert? Doreet LeVitte Harten hatte explizit mehrere von ihnen eingeladen, doch unter offizieller politischer Schirmherrschaft wollte sich keiner von ihnen beteiligen. Was in der Tat nicht erstaunt, denn ihre eigene Geschichte kann nicht unter die 2000-jährige Tradition der „Neuen Hebräer“ subsumiert werden. Der pointierte Titel der Ausstellung hat auch Gegner unter den jüdisch-israelischen Künstlern gefunden: Moshe Gershunis, der Hakenkreuze in Suppenteller brannte, damit man sie nicht so einfach und verlogen von heute auf morgen wieder abwaschen kann, weigerte sich anfangs, im Gropius-Bau auszustellen. Er fand, daß der Titel arabische Künstler ausgrenze, zumal es den Staat Israel noch keine „100 Jahre“ gäbe.
Dennoch: Man kann weder den Kuratoren noch den jüdisch-israelischen Künstlern vorwerfen, Krieg und Besatzung einseitig oder unkritisch zur Schau gestellt zu haben. Ein „Hurra-Zionismus“ tritt in keinem Raum unkommentiert oder ohne zeitgeschichtliche Hintergrundwissensvermittlung entgegen. Doron Solomons beschreibt die Situation zwischen Palästinensern und Israelis in seinem Film „Waffenbrüderschaft“ als den Konflikt siamesischer Zwillinge. „Alle Gebete waren vergeblich. Wenn mir mein Körper nicht gehört, wird er auch ihm nicht gehören.“, sagt der eine Kopf des siamesischen Zwillings und erschießt sich. Auf einer Fotoserie aus den besetzten Gebieten ist „Ghetto Abu Dis“ auf die neue Mauer gesprayt; einer Palästinenserin wird in einem Doku-Video von gepanzerten Grenzkontrollen der Transport ins Krankenhaus verweigert. Und ein Exponat ist ein vom Blut des ermordeten Ministerpräsidenten Rabin beflecktes Manuskript. Es ist der Text eines hebräischen Friedensliedes.
Mit Ironie jedenfalls heften die Ausstellungsmacher an die letzte Wand im letzten Saal zum Thema „Alternativen“ einen Gastbeitrag: Es ist die „Black German Flag“, die James Lee Byars vor 30 Jahren als Stipendiat in Berlin entworfen hat. In die schwarze Seidenfahne ist die Frage eingestickt: „Send all the J(ews) back from I(srael) to G(ermany)?“ Denn daß es bei allem Kunstinteresse den Deutschen auch um ihren „Vergangenheits-Phantomschmerz“ (Jan Hendrik-Wulf) geht, ist den Kuratoren klar: „Kein Wunder, daß die Deutschen ihre Juden zurückhaben wollen, ihre Bubers und Rosenzweigs – doch stattdessen bekommen sie die Israelis, und das ist auch gut so!“
„Die neuen Hebräer – 100 Jahre Kunst in Israel“
Martin-Gropius-Bau
Niederkirchner Straße 7
10963 Berlin-Kreuzberg
20. Mai – 5. September 2005
Öffnungszeiten: tägl. außer Dienstag 10-20 Uhr
Katalog: 588 Seiten, 25 Euro.
© Tanja Dückers