veröffentlicht auf ZEIT Online, November 2014
Wie die katholische Kirche mit ihrem Vermögen umgeht, ist nicht nur interessant, wenn es um die Verschwendungssucht des ehemaligen Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, geht. Kritiker fordern immer wieder eine deutlichere Trennung von Kirche und Staat.
Inzwischen auch, wenn der Staat Jahr für Jahr die Kirchen- und Katholikentage fördert. Der evangelische Kirchentag in Dresden im Jahr 2011 wurde etwa zur Hälfte mit Steuergeldern von Bund, Land und Kommunen bestritten. Warum gibt der Staat Geld für die christlichen Kirchen aus, finanziert aber keine Veranstaltungen für andere Religionen? Warum zahlen Konfessionslose mit ihren Steuern die Kirchenveranstaltungen mit?
Im katholischen Münster hat sich nun eine Protestgruppe mit einem öffentlichen Brief an die Abgeordneten des Stadtrats gewandt. Die Gruppe will verhindern, dass die hochverschuldete Stadt den Katholikentag subventioniert, der 2018 in Münster stattfinden soll.
Vom 4. bis 6. November protestieren die Aktivisten in der Innenstadt von Münster mit einer knapp drei Meter hohen „steinernen Gesetzestafel“ und einem ebenso großen Moses, der seinen Zeigefinger mahnend in den Himmel reckt. Der Initiator der Aktion David Farago hat sie selbst gebaut. Motto: „Das 11. Gebot: Du sollst Deinen Kirchentag selbst bezahlen“. Die riesige Moses-Skulptur war zuvor schon in Regensburg und in Leipzig zu sehen. In Leipzig soll 2016 der 100. Katholikentag stattfinden. Getragen wird der Protest von der Giordano-Bruno-Stiftung. In Münster wird er vom Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten e.V. unterstützt.
Der Oberbürgermeister macht Werbung für den Katholikentag
Im Stadtrat herrscht zwar noch große Uneinigkeit darüber, ob der Katholikentag unterstützt werden soll oder nicht. Aber der Oberbürgermeister von Münster Markus Lewe, macht Werbung dafür: „Münster kann Katholikentag“. Lewe hat allerdings zuvor als Revisor im Bistum Münster gearbeitet, später stieg er zum Leiter des Referats Controlling und Chef der Organisationsentwicklung im Bistum auf.
Die Kirche argumentiert, dass Katholikentage genauso wie Kultur und Sport von staatlicher Seite gefördert werden müssen. Die christlichen Kirchen erhalten pro Jahr in Deutschland (ohne Caritas und Diakonie) um die 20 Milliarden Euro Steuergelder, dazu gehören die Finanzierung des Religionsunterrichts, Bauzuschüsse, Militär- und Polizeiseelsorge. Anders als in den meisten europäischen Ländern werden die Mitgliedsbeiträge („Kirchensteuer“) hierzulande von den Landesfinanzbehörden eingezogen. Und die Kirchensteuer kann als Sonderausgabe bei der Steuererklärung geltend gemacht werden, das heißt, es gehen Steuereinnahmen verloren. Die CDU/CSU rechtfertigt diese Ausgaben damit, dass die Kirchen ihrem „Verkündigungsauftrag in der Gesellschaft“ nachkommen können müssen.
Die Aktivisten sehen das anders: Sie halten die Subventionierung kirchlicher Großereignisse für verfassungsrechtlich problematisch, weil Staat und Kirche getrennt agieren müssten. David Farago will verhindern, dass kirchenferne Menschen die Kirchen mitfinanzieren müssen. „Dies gilt erst recht, wenn eine Stadt wie Münster unter einer Schuldenlast von weit über 700 Millionen Euro leidet und nun auch noch Flutschäden in Höhe von 30 Millionen Euro zu kompensieren hat“, ergänzt Mitorganisator Maximilian Steinhaus.
Das Bistum Münster ist reich genug
Der Zweck von Subventionen sei es, Investitionen anzuregen, die der Empfänger sich selbst nicht leisten kann oder die er ohne die Förderung nicht wagen würde. Das trifft nach Meinung von Steinhaus auf den Katholikentag nicht zu: Denn das Bistum Münster könne sich das Glaubensfest mit seinen Rücklagen in Höhe von rund 410 Millionen Euro ohne weiteres leisten. Erst im September dieses Jahres gönnte es sich schon die teuren Feiern zum 750-jährigen Jubiläum des Sankt-Paulus Doms in Münster.
Gegen die Subventionierung spricht auch, dass das Kulturreferat der Stadt nicht an der Vergabe und der Organisation des Katholikentags 2018 beteiligt wird, wie es bei kulturellen oder sportlichen Veranstaltungen üblich ist. Während Förderanträge für kulturelle Ereignisse von einem Expertengremium auf Qualität und Originalität hin geprüft werden, wird der Kirche ein Blankoscheck ausgestellt.
Die Initiatoren von Das 11. Gebot fragen sich jedenfalls: Kann tatsächlich von einem „bunten Angebot für alle Menschen“ gesprochen werden, wenn der Großteil des kulturellen Rahmenprogramms christlich, vielmehr katholisch geprägt ist? Über 90 Prozent der Besucher von Katholikentagen in Deutschland sind schließlich Katholiken.
Die Abstimmung im Münsteraner Stadtrat über die staatliche Millionenspritze wird im Dezember erwartet. Die Diskussion über eine striktere Trennung von Staat und Kirche wird unabhängig vom Ergebnis weitergeführt werden müssen.